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 Projektbeschreibung:

2. Antragsphase 2004-2008

PDF Gebirgs- und Gebirgsrandzonen Mittelasiens als Interaktionsgebiete zwischen Nomaden und Seßhaften. Mikroregionale Untersuchungen zur Archäologie und Kulturgeschichte zwischen Zerafšan und Šachristansaj (Tadžikistan)

1. Antragsphase 2001-2004

Nomaden und Sesshafte im vormuslimischen Transoxanien (6.-8. Jh.)

Historischer Rahmen

Die verschiedenen Regionen Transoxaniens (Mawara'n-nahr) dürfen als eine der wichtigsten altweltlichen Kontaktzonen zwischen den verschiedenen Formen sesshafter und nomadischer Lebensweise gelten. Ihr dynamisches Mit-, Neben- und Gegeneinander hat die Geschichte des Raumes sowohl politisch wie auch sozial- und kulturell tief und dauerhaft geprägt.

Für den Zeitraum des 6. bis 8. Jahrhunderts, d.h. das unmittelbar vormuslimische Frühmittelalter, ergibt sich ein enger politischer Zusammenhang beider Lebens- und Kulturweisen: Mit dem Sieg über die leider nur sehr undeutlich in unseren Quellen reflektierte Hephthaliten-Föderation gelingt es dem Qaghanat der Türk unter dem Herrscherklan der Ashina, entstanden um 550 im Altai, gegen 560 weite Teile auch der mittelasiatischen Steppen und der soghdischen Stadtfürstentümer unter ihre politische Oberherrschaft zu bringen. Die bald eintretende politische Trennung der westlichen Gruppen (die sog. 'Zehn Stämme' oder 'On Oq') von der Kern-Föderation in den mongolischen Steppen führt zur einer nomadischen Staatsbildung mit Zentrum im nordwestlichen Tianshan und seinem unmittelbaren Vorland (russ. Semirech'e).

In unterschiedlicher Weise und Intensität wirken Vassalitätsverhältnisse und direkte Herrschaft auf den Bereich der Kleinstaaten der mittelasiatischen Bewässerungsoasen: die verschiedenen Kleinfürstentümer Soghdiens (allen voran Samarqand, ferner Bukhara, Paykent, Penjikent, Kesh, Nakhshab u.a.), Khwarezm, Ustrushana, Chach, Ferghana, die Otrar-Oase und die soghdischen Kolonien am Chu und am Talas. Mit der Eroberung Tokharistans durch die Türk um 620 und der dauerhaften Einwanderung bedeutender türksprachiger Gruppen treten hierzu auch Gebiete südlich der sog. 'Eisentore' und des Jayhun/Oxus. Die direkte und indirekte politische Einflußnahme des Qaghants der On Oq (seit etwa 700 nicht mehr unter der politischen Führung des Ashina-Klans, sondern unter verschiedenen Klans des Stammes der Türgäsh) auf diese Gebiete überdauert die kurze Periode chinesischer und tibetischer Dominanz nördlich des Tianshan und wird erst mit dem sukzessiven Vorrücken der Muslims nach Transoxanien beendet. Die jahrzehntelange direkte Konfrontation muslimischer Heere (besonders unter Qutayba b. Muslim, Muslim b. Sacid, Ashras b. cAbdallah al-Sulami, Junayd b. cAbd al-Rahman al-Murri, Asad b. cAbdallah und Nasr b. Sayyar) mit türkischen Truppen und Truppenteilen in Transoxanien und Tokharistan und ihre Überlieferung erhellt schlaglichtartig die vielfältigen Beziehungen zwischen den Qaghanen am Talas und Chu, den soghdischen Fürsten und Dihqanen und kleineren nomadischen Führern und Potentaten. Die endgültige Etablierung der muslimischen Herrschaft in Tokharistan, Khwarizm, Sughd, Chach und Ferghana - nach der Schlacht von Kharistan (A.D. 737), dem Auseinanderfallen der Türgäsh-Föderation, der Unterwerfung der aufständischen soghdischen Dihqane und dem Sieg über die chinesische Expeditionsarmee am Talas (A.D. 751) - stellt eine in dieser Hinsicht wichtige Zäsur dar: Anstelle der relativen sozio-kulturellen Einheit von Tokharistan bis zum Issyk-Köl etabliert sich durch die Eingliederung des Mawara'n-nahr bis nach Chach und Ferghana in den Verband des Abbasidischen Kalifats allmählich die Kultur und Gesellschaft des islamischen Mittelalters dieser Region, während in den Tälern des Chu und des Talas bzw. ihrer Zuflüsse ältere, frühmittelalterlich-vormuslimische Traditionen bis in qarakhanidische Zeit erhalten bleiben. Die seit der Mitte des 8. Jh. das Chu-Talas-Region dominierende Föderation der Qarluq übt über die übrigen Gebiete Transoxaniens - besonders über Sughd selbst - keinen dauerhaften politischen Einfluß mehr aus. Nicht übersehen werden sollte außerdem, daß sich durch die Aufgabe des Engagements Tang-Chinas in Mittelasien (im Zusammenhang mit der Revolte des An Lushan und dem politischen Niedergang der Tang) und das vorläufige Ende der großen Eroberungszüge der Muslims nach und in Transoxanien die Quellenlage zur Geschichte der Nomaden Mittelasien und ihrer Beziehungen zur sesshaften Sphäre deutlich verschlechtert.

Materialien und Methoden

Die Untersuchung basiert sowohl auf relevantem archäologisch-kunsthistorischem Material sowie entsprechenden Schriftquellen.

Der archäologisch-kunsthistorische Komplex gliedert sich nach Herkunft und Art in folgende Materialgruppen:

Das Material relevanter Schriftquellen ist äußerst divers und wenig homogen. Es läßt sich historisch-geographisch und sachlich etwa in folgende Gruppen gliedern:

Zielstellung und Untersuchungsgegenstand

Die Studie untersucht auf oben skizierter Material- und Quellenbasis den politischen und sozio-kulturellen Zusammenhang zwischen sesshaften und nomadischen Lebensformen im vormuslimischen Mittelasien des Frühmittelalters. Dabei ergeben sich die folgenden Schwerpunkte:

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Sonderforschungsbereich 586 - Differenz und Integration.
Wechselwirkungen zwischen nomadischen und seßhaften Lebensformen in Zivilisationen der Alten Welt.

Eingerichtet an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Universität Leipzig.
Gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

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